WM Tag 6, 01.08.2015

Am Samstag war es unverkennbar schon am Morgen zu spüren, dass die Stimmung auf der Deelener Airbase sich etwas verändert hatte. Die meisten Teams waren plötzlich relativ gelöster Stimmung und man schien allgemein die verbleibenden zwei Aufgaben Zeitflug und Speed nicht mehr ganz so tod-ernst zu nehmen, wie noch die Tage zuvor. An den gestiegenen Temperaturen und dem Sonnenschein allein hat es sicher nicht nur gelegen – vielmehr schien sich auch eine gewisse Erleichterung bei den meisten breit zu machen, dass diese anstrengende Woche nun bald vorbei sein würde.

Im Zeitflug herrschte anfangs noch ein mittlerer Wind aus Osten, so dass sich die nun direkt benachbarte zweite Windenlinie direkt in Zeitersparnis bemerkbar machte. Die Luft trug so gut, dass es nicht schwierig war, die Zeit zu schaffen. Da man aber allgemein im Luv in der Sonne flog, war die Sicht auf die Modelle stark eingeschränkt – und es passierte auch prompt, dass ein Pilot unwissentlich ein anderes Modell steuerte, während das eigene in mehr oder weniger unästhetischen Figuren im nördlichen Wald abstürzte.
Einige Piloten hatten aber mit der neuen Anflug-Richtung doch ihre Schwierigkeiten, sich bei der Landeeinteilung nicht zu verschätzen. Vielleicht lag es aber auch an aufkommender Nervosität…?

Der finale Speed wurde dann in umgekehrter Reihenfolge geflogen. Mittlerweile war der Wind komplett eingeschlafen und am Anfang war es allgemein so, wie wenn ein Elefant auf dem Flügel sitzen würde. Sehr magere Hochstarthöhen und im Kurs ging überhaupt nichts – eine 17er Zeit konnte schon gefeiert werden, weil die meisten Piloten eher über 18-19 s für die vier Strecken brauchten.
Andreas Kunz hatte dann die Chance vor der A-Linie zu kreisen – es passierte ihm aber ein zu hoher Einflug und der Flug war nicht ganz gerade. Johannes schlug sich unter diesen schwachen Bedingungen aber sehr passabel und bereitete sich mit einem hohen Start und sauberen, engen Flug auf eine 18er Zeit souverän den Weg zum Junioren-Titel.
Ungefähr im letzten Drittel der Starter allerdings weitete sich die überwiegend über dem Platz abgehende Thermik doch langsam in Richtung des Kurses aus. Nun konnte sich ein Start in die richtige Richtung erheblich lohnen und es wurde viel probiert und nachgestartet. Bei guter Luft kamen nun die ersten 16er und 15er Zeiten.
Es folgte ca. zehn Piloten vor Schluss wieder eine lange Flaute, bis sich erst bei Denis Duchesne und Andreas Böhlen ein wenig Warmluft vom Boden abzuheben schien. Thomas hatte Glück und Pech zusammen – der erste Start war eigentlich nicht schlecht. Aber er wollte mehr und kam zum Nachstart herunter, woraufhin im zweiten Start aber das Seil riss. Zum Glück ohne Beschädigung am Modell – doch beim dritten Start öffnete sich dummerweise der Fallschirm, was die Höhe deutlich schlechter als vorher ausfallen ließ… An den Rest der Speedflüge kann ich mich schon nicht mehr genau erinnern. Aber es gab erstaunlich wenige Verwender unter den Top-Piloten.

Für Martin und mich ging es nun um die Wurst, denn sowohl ohne also auch mit Streicher waren wir quasi punktgleich an der Spitze und der schnellere Flug würde entscheiden. Als ich an der Reihe war, schien der leichte Aufwind von Andreas Böhlen noch etwas über den Umlenkrollen zu stehen – was den ersten Start etwas verkippeln ließ. Der Nachstart sah deutlich besser aus und der Flug war quasi perfekt – und mit einer 15.8 zusammen mit Denis auch die bis dahin schnellste Zeit.
Martin musste nun 3 min warten, bevor er starten durfte. Dass dann allerdings nochmal so eine starke Thermik reinziehen würde, hätte sicher niemand gedacht. Bestimmt an die Hundert Schwalben flogen wie eine Wolke über den Umlenkrollen und der Strecke.
Es war nun schon abzusehen, dass die guten Flüge von vorher nichts mehr wert sein würden, und Martin konnte sich tatsächlich mit einer 13.86 über den Sieg in der Einzelwertung freuen. Dass am Ende das Wetterglück so dominieren würde, war nicht abzusehen und ist fast ein bisschen schade. Wer weiß, ob es in gleicher Luft nicht anders ausgegangen wäre.
Es ist noch zu erwähnen, dass unser Team seit Mittwoch unter einem gewissen Helfer-Schwund litt. Ingo musste leider abreisen, weil seine gesamte Familie mit Grippe im Bett lag. Und Steffen musste am Freitag Abend zu einer Trauerfeier… Das war aber sicher nicht der einzige Grund, warum sich Martin dann – zur Verwunderung vieler – für den Speed noch Hilfe bei den Südafrikanern gesucht hatte…

Johannes Krischke konnte den Junioren-Weltmeister-Titel von Bernhard Flixeder übernehmen (bei dem es diesmal aber auch wirklich denkbar schlecht lief). Bei den Senioren-Teams gewann Deutschland mit spürbarem Vorsprung vor der Schweiz und dem wieder erstarkten Schweden. Dritter in der Einzelwertung wurde Andreas Böhlen, während Kyle Paulson auf dem unglücklichen vierten Platz vor Thomas Dylla landete.

Damit war die WM 2015 ziemlich genau im geplanten Zeit-Rahmen vorbei. Die Siegerehrung wurde einige Stunden später pragmatisch minimalistisch direkt am Platz durchgeführt, was uns Zeit gab, noch das meiste Equipment einzupacken… Direkt danach folgte das Bankett, welches im großen Festzelt serviert wurde – was bei dem schönen Wetter aber zumindest die Möglichkeit für angenehme Gespräche unter freiem Himmel bot.

Die Veranstaltung als solche rückblickend noch ein wenig bewertend muss leider noch gesagt werden, dass es sich ein wenig wie ein leicht herber Einschnitt in die prestige-reiche Historie der letzten Events angefühlt hat. Zwar war gegenüber dem Vorwettbewerb ein drastischer Qualitäts-Sprung bei den Helfern unter den Linien zu verspüren und es gab kaum Fehler. Und auch Joris ten Holt als Wettbewerbsleiter hatte im Laufe der Woche viel von dem (sicher nicht immer angenehmen) Feedback der Teilnehmer profitiert und letztendlich auch die Windenlinien umstrukturiert.
Gegen das anfänglich schlechte Wetter kann keiner etwas machen. Aber es blieb doch ein klein wenig zu wünschen übrig, was die Organisation und die Atmosphäre anbelangt. Von einem krönenden Abschluss zu sprechen, wäre beispielsweise angesichts der doch sehr minimalistischen Siegerehrungs-Zeremonie nicht so ganz angemessen. Es gab bei Lichte betrachtet nicht einmal Pokale für die Einzelwertung, sondern „nur“ die FAI-Medaillen und Urkunden (von denen leider nicht genügend vorhanden waren, um auch die Schweden direkt am Platz damit zu versorgen…).
Vielleicht nimmt dieser „Reset“ aber zukünftigen Veranstaltern etwas die Scheu vor der Austragung eines solchen Events und erleichtert den Weg zur nächsten Weltmeisterschaft, von der wir gespannt sind wo sie stattfinden wird.

 

Im Namen des gesamten Teams möchte ich mich noch bei unseren Sponsoren bedanken! Besondere Erwähnung müssen der Deutsche Aeroclub, Wiegel Gebäudetechnik und die Telesys Kommunikationstechnik GmbH finden. Mit den Seilen von EMC-Vega waren wir wieder bestens gerüstet. Nicht zu vernachlässigen auch unsere von TUD Modelltechnik gesponserte Tombola. Und ohne das Engagement von Würth, Höllein, MTTEC, Graupner und highendware wäre die Teilnahme an dieser WM nur unter noch größeren Opfern möglich gewesen. Noch einmal Danke an alle!

Andreas H., 04.08.2015

Der Abschluss und Fazit